Die natürliche Schiefe, welche naturgemäß bei allen Säugetieren vorkommt, ist vergleichbar mit der Rechts- oder Linkshändigkeit beim Menschen. Beim Pferd besteht die Schiefe in der Regel von der Geburt an. Es gibt bis jetzt nur Vermutungen, jedoch keine schlüssigen, wissenschaftlichen Erkenntnisse, wodurch diese Schiefe ausgelöst wird.
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Erkennen der natürlichen Schiefe beim Pferd
Verschiedene Auffälligkeiten deuten auf eine natürliche Schiefe des Pferdes hin, beispielsweise, wenn das Pferd mit dem Hinterbein nicht gerade in die Richtung Vorderbeins tritt, sondern seitlich ausweicht, in Wendungen drängt das Pferd über die rechte Schulter nach innen und kürzt ab, dass es sich immer noch auf dem rechten Vorderbein abstützt.
Die Hinterhand schwenkt mit höherem Tempo nach links aus, weil es sich um das rechte Vorderbein dreht. Das Pferd neigt auf der linken Hand, besonders bei Wendungen, dazu, den Kopf zu heben, als Zeichen, dass es über die Zügel kommen will. Im Umkehrverfahren taucht es unverhältnismäßig stark nach vorne ab.
Im Zirkel drängt das Pferd rechts nach innen und links nach Außen. Besonders bei einem jungen Pferd bedeutet die linke Körperseite die Zwangsseite, die rechte Seite gilt als hohle Seite. Damit erschwert sich in der Regel die Linksstellung, weil das Pferd nicht an den rechten Zügel herantritt.
Aufgrund der Schiefe lässt sich das Pferd auf einer Seite leichter biegen als auf der anderen, hohlen Seite. Die verkürzten Muskeln führen dazu, dass das Pferd Linkswendungen und den Linksgalopp bevorzugt.
Unglücklicherweise ist diese Biegung nicht richtig, weil sich das Pferd verstärkt auf das rechte Vorderbein stützt und dem Zügelkontakt linksseitig durch biegen des Halses ausweicht. Bei Wendungen driftet das Pferd an der offenen Seite, welche nicht begrenzt ist über die rechte Schulter nach außen und vergrößert den Kreis.
Beim Wechsel auf die rechte Hand fühlt sich das Pferd steif an. Das Pferd geht möglicherweise in die Außenstellung, weil sich die verkürzten Muskeln auf der linken Seite nicht so weit wie notwendig für die Biegung nach rechts dehnen lassen. Aus diesem Grund bereitet dem Pferd das Biegen nach rechts Unbehagen oder Schmerzen, sodass die Biegung keinesfalls unter Zwang stattfinden darf.
Auswirkungen der natürliche Schiefe beim Pferd
Durch die erhöhte Grundspannung (Muskeltonus) sowie der ständigen Verspannung ist der Stoffwechsel kontinuierlich überbelastet, was sich wiederum negativ auf den Stoffwechsel auswirkt.
Eine Überbelastung der Muskulatur führt zu einem Sauerstoffdefizit und als Folge zu einem gestörten Stoffwechsel innerhalb der Muskulatur. Eine natürliche Schiefe muss korrigiert werden, um Muskel- und Gelenkprobleme zu verhindern.
Psychische Auswirkungen
Das Pferd als Fluchttier ist auch psychisch belastet. Ein Reiter bringt das Pferd mit seinem Gewicht und der Größe grundsätzlich aus dem Gleichgewicht. Damit ist nicht nur die körperliche Balance, sondern auch die Psyche und das Wohlbefinden des Pferdes belastet. Ist das Pferd in der Balance, fühlt es sich sicher. Als Vergleich mit dem Menschen bietet sich ein schwerer Rucksack auf dem Rücken an, welcher die Balance gleichermaßen beeinträchtigt.
Ein Pferd, welches sich nicht im Gleichgewicht befindet, ist nicht fluchtfähig, dadurch wird Stress ausgelöst, was sich wiederum auf die Psyche auswirkt.Durch die fehlende Balance beim Reiten reagiert das Pferd hektisch und versucht, das Gleichgewicht herzustellen, indem es zu rennen beginnt, je höher die Geschwindigkeit, desto höher die Stabilität.Im Gegensatz dazu gibt es Pferde, welche sehr langsam sind, weil sie befürchten, das Gleichgewicht zu verlieren. Der Stressfaktor dominiert, ein Fluchttier ohne Möglichkeit zu fliehen hat verloren.
Die Schiefe bei einem Pferd stört nicht, wenn es kein Gewicht trägt, da die Balance vorhanden ist.
Ein schiefes Pferd kann das Gewicht nicht gleichmäßig auf die Beine verteilen und so unter anderem keinen klaren Takt laufen. Das wiederum bedeutet Stress. Aus Angst, nicht fliehen zu können, entsteht eine kontinuierliche Verspannung und dauernde Halbachtstellung. Dabei reicht bereits ein kleines Geräusch und das Pferd gerät in Panik.
Korrekturmöglichkeiten bei einer natürlichen Schiefe
Die meisten Probleme entstehen durch die verkürzten Muskeln sowie der Unsicherheit mit dem Gleichgewicht und müssen mit einfühlenden Übungen und Gymnastizierung therapiert werden. Erfolgt keine Korrektur, entstehen Fehlbelastungen mit entsprechenden sowie lebenslänglichen Gesundheitsrisiken. Regelmäßige Übungen und Trainings sind unumgänglich, damit sich die Schiefe minimiert und nach einer erfolgreichen Geraderichtung nicht wiedereinstellt. Das Geraderichten verhindert eine Fehlbelastung der Sehnen und Gelenke und sorgt für ein besseres Gefühl beim Reiten.
Die Meinung, das Pferd besonders auf der Zwangsseite zu korrigieren, ist nicht ganz korrekt, weil das eigentliche Problem bei der hohlen Seite besteht. Eine Zwangsseite löst sich, indem das Hinterbein gerade unter den Körper gesetzt wird und die Anlehnung am gleichseitigen Zügel erfolgt.Wichtig zu wissen ist, dass sich beim Biegen nach einer sowie das Heraus- oder Hereindrängen über die Schulter nicht um eine Bösartigkeit des Pferdes, sondern um ein Unvermögen handelt.
Aufgrund der ungleichen Gliedmaßenführung von den Hinterbeinen wird das linke Hinterbein gerade nach vorne geführt während das rechte in eine Außenrotation gelangt. In der Folge geschieht das Aufsetzen des linken Hufes achsengerecht, während der rechte Huf weiter außen und in Außenstellung aufsetzt.
Schenkelweiche, Schulterherein und Traversale sorgen dafür, dass das Pferd geschmeidig und gerade bleibt. Verschiedene Übungen lassen sich auch beim Austritt integrieren.
Schenkelweichen und Vorhandwendung
Beide Übungen führen zu einer Verbesserung der Stellung sowie der Kontrolle von Vor- und Hinterhand. Die Stellung auf der hohlen Seite muss etwas geringer sein, sodass das Genick auf der Zwangsseite, bei Bedarf durch leichtes Anheben der inneren Hand, gelockert wird. Das Anheben bewirkt eine Veränderung des Winkels vom Gebiss im Maul und ist für das Pferd eine angenehme Form als Aufforderung zum Nachgeben. Das Pferd lernt dabei die Bedeutung des seitwärts treibenden Schenkels kennen, welche für die gymnastizierende Arbeit wichtig ist. Des Weiteren werden durch das Schenkelweichen (seitliches Kreuzen der Beine) die Beweglichkeit verbessert und die Extremitäten sowie die Muskeln gekräftigt.
Gebogene Linien reiten
Beim Achten, Volten, Zirkeln oder Schlangenbögen ist das Pferd aufgefordert, sein inneres Hinterbein zu winkeln und so mehr Last aufzunehmen. Der kontinuierliche Handwechsel wirkt sich auf den Wechsel der Hinterbeine aus, einerseits tragend, andererseits schiebend. Der Wechsel dient zum Kraftaufbau und der Geraderichtung. Durch die Längsbiegung werden zudem die Außenseite von Hals- und Rumpf gedreht, in der Folge wird die Muskulatur geschmeidiger.
Zulegen / Einfangen
Die begleitende Komponente zum Geraderichten erfolgt durch Tempounterschiede im Galopp oder Trab und dient zur Förderung der aktiven sowie energischen Abfußung der Hinterbeine für mehr Schubkraft.
Schultervor
Bei der Schultervor handelt es sich um eine Vorübung zum Schulterherein und soll das Pferd dazu bringen, mit dem inneren Hinterbein in die Spur der Vorderbeine zu treten, um so schmaler zu fußen. Damit ist vor allem das sich auf der hohlen Seite befindliche und nach innen ausweichendem Hinterbein gefordert und führt mit diesem Training zu einer Kräftigung.
Schulterherein
Bei dieser Übung wird mit mehr Längsbiegung und Abstellung geritten, das Pferd bewegt sich auf drei Hufschlaglinien. Dadurch, dass das innere Hinterbein in der Spur des äußeren Vorderbeins fußt, sind seitlich nur drei Beine zu sehen. Die Vorderbeine sind gekreuzt, während sich die Hinterbeine auf einer geraden Linie bewegen. Dabei muss das innere Hinterbein vermehrt untertreten, sodass sich Hüft- und Kniegelenk stärker beugen. Die Abwechslung der rechten und linken Hand führt zu einer besseren Beweglichkeit sowie einer höheren Tragkraft und wirkt sich positiv auf die Geraderichtung aus.
Wichtig ist, sowohl beim Schultervor als auch beim Schulterherein, den Kopf mit dem inneren Zügel nicht nach innen zu ziehen, sondern die äußere Schulter mit dem äußeren Zügel zu wenden.
Renvers und Travers
Diese Seitengänge fördern die Beweglichkeit der Längsachse. In Kombination werden die Hinterbeine in einem flüssigen Wechsel angesprochen. Wenn das Pferd beim gerade aus Reiten das Hinterbein der hohlen Seite etwas seitlich verschiebt, wird mit minimalem schultervor- oder renversartigen Reiten gegensteuert.
Beim Aufkommen von Spannung auf der Hand oder einer Gegenwehr vom Pferd sollte die Übung nicht erzwungen und auf die bessere Seite gewechselt werden, um die Harmonie nicht zu gefährden.
Nachhaltiger Erfolg mit den richtigen Bewegungen
Gezielte Übungen und Gymnastizierungen führen dazu, dass das Pferd in der Lage ist, beide Seiten geschmeidiger einzusetzen. Beide Möglichkeiten sollten so oft wie möglich durchgeführt werden, um die Händigkeit zu optimieren. Nach dem Geraderichten belastet das Pferd den Körper gleichmäßig und lässt sich beidseitig gut biegen.
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